Kurtaxe macht den Urlaub teurer. Über 200 Euro zusätzlich kostet der Urlaub in Touristenzentren wie Binz. Doch das muss nicht sein. Es gibt ganz legale Möglichkeiten, die Steuer zu vermeiden und sogar einen noch erholsameren Urlaub zu genießen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben die Buchungsportale wie fewo-direkt, booking.com, traum-ferienwohnungen oder ferienhausmiete.de durchstöbert. Zwei Ferienhäuser auf Rügen sind in Ihrer engen Auswahl. Der Preis für die Ferienhäuser ist derselbe. Die Ausstattung auch. Es gibt kaum einen Unterschied. Sie können sich nicht entscheiden? Wir haben einen Tipp für Sie parat, den Ihnen kaum ein Vermieter für ein Ferienhaus verrät – der aber erheblich ins Gewicht fällt.
Über 200 Euro Unterschied pro Urlaub – die Lage machts
Sicher kennen Sie den alten Spruch: Was sind die drei Gründe, die ein Ferienhaus auf der Insel Rügen teuer machen? Lage, Lage, Lage. Und es ist tatsächlich so. Häuser mit Wasserblick und großem Grundstück, inmitten der Natur sind begehrt. Das schlägt sich schon von Beginn an auf die Grundstückspreise nieder. Klar, dass diese Häuser auch in den Miete teurer angeboten werden müssen, damit die Kosten gedeckt sind.
Doch es gibt Zusatzkosten für Urlauber, von denen kein Vermieter einen Nutzen hat – und viele Ihnen das deswegen auch nicht erzählen. Die Kurabgabe, auch Kurtaxe genannt, ist eine Gemeindesteuer, die viele Urlaubsorte an der Ostsee direkt von den Touristen einkassieren. Diese Sonderabgabe gilt nur für Ortsfremde. Damit sollen besondere Services für Urlauber finanziert werden. Klar, saubere Strände, einen ausreichenden öffentlichen Nahverkehr oder Touristenattraktionen, wie das Naturerbezentrum Rügen, die Kreidefelsen oder die Störtebeker Festspiele sind begehrte Highlights. Und die müssen ja auch irgendwie finanziert werden.
Doch Moment?! Ein Sitzplatz für die Störtebeker Festspiele in der Saison 2024 für 50 Euro Eintrittspreis? Der Besuch des Königsstuhls für 12 Euro pro Person? Das Naturerbezentrum für 14 Euro pro Person? Und Parkraum muss überall auch teuer erkauft werden? Wofür dann noch die Kurabgabe? Schließlich kommen für einen normalen Urlaub gerne einmal über 200 Euro an Zusatzkosten auf Familien zu.
Nicht nur für Kurorte – wofür wird die Kurabgabe verwendet?
Die Kurabgabe oder Kurtaxe ist eine Gemeindesteuer. Jeder Kurgemeinde steht es frei, diese Steuer zu erheben. Dabei kommt es gar nicht darauf an, ob der Ort tatsächlich ein staatlich anerkannter Kurort ist. Es reicht, ein Erholungsort oder eine Fremdenverkehrsgemeinde zu sein. Das trifft fast auf jeden Ort an der Nord- und Ostsee zu. Ansonsten sind Gemeinden auch ungemein kreativ und nennen das Ganze dann Bettensteuer, City Tax oder Kulturabgabe.
Doch dafür bekommt man meist auch einen Vorteil zurück. Gepflegte Strände, ein guter ÖPNV, öffentliche WCs oder Ermäßigungen für Veranstaltungen und Museen werden durch Kurabgabe finanziert. Das alles verbindet sich mit der Gästekarte, mit der man mit reinem Gewissen alle luxuriösen Vorteile der Seebäder und Erholungsorte auf Rügen und an der Ostsee genießen kann.
Preise haben angezogen – der Teufel steckt im Detail
Grundsätzlich gilt: Je bekannter, desto teurer. Die Seebäder Binz, Baabe, Sellin oder Göhren haben mit ihren Kurabgaben inzwischen das Niveau von Sylt erreicht. Sie nehmen inzwischen fast genauso viel, wie zum Beispiel die Gemeinde List auf Sylt. Auffällig ist, dass die Preise ordentlich angezogen haben. Klar, denn die Inflation wirkt sich auch auf Bau- und Erhaltungskosten der Gemeinden aus. Da ist es nur logisch, dass diese die Kosten an die Gäste weiterreichen.
Doch tut die Gemeinde Lauterbach mit ihrem idyllischen Hafen und dem schönen Blick auf die Insel Vilm weniger für ihre Gäste als die Gemeinde Binz? Wie sonst kommt der Preisunterschied von 2,20 Euro in Lauterbach und 3,40 Euro in Binz zustande? Der Verdacht liegt nahe, dass die Regel gilt: Der Markt bestimmt den Preis. Die bekannten Gemeinden mit vielen Touristen haben nicht nur viel höhere Einnahmen auf Grund der hohen Übernachtungszahlen. Sie kassieren wohl auch einen gewissen Promizuschlag.
Nahezu perfide sind jedoch die Regelungen im Detail. Zum Beispiel: Wann ist ein Kind ein Kind? Auf der Insel Hiddensee dürfen die lieben Kleinen noch bis zum 18 Lebensjahr mit Sandförmchen spielen. Denn dort sind sie von der Kurabgabe als Kind befreit. Ganz anders in den – Sie ahnen es – Seebädern. Dort hat sich ein Kind schon ab drei Jahren gefälligst wie ein Erwachsener zu benehmen. Schließlich gilt es laut Abgabenverordnung als ein solcher.
Keine große Gnade dürfen Behinderte erwarten. Regelmäßig werden Menschen mit körperlichen oder psychischen Gebrechen erst ab einem Behinderungsgrad von 100 % von der Kurabgabe befreit. Sicher kann man argumentieren, dass insbesondere für Menschen mit Behinderungen besondere und teure Vorrichtungen vorgehalten werden müssen (z.B. behindertengerechte Toiletten). Aber dann könnte man vielleicht besser die Befreiung von der Kurabgabe für Menschen mit Behinderung aus diesem Grund gleich ganz ausschließen. Immer noch besser, als pseudo-sozial Rabatte und Befreiungen von der Kurtaxe anzubieten, wenn diese Menschen ohnehin zahlreiche touristischen Angebote nicht mehr nutzen können. (Tabelle der Schwerbehinderungen: https://www.gesetze-im-internet.de/versmedv/VersMedV.pdf)
Kurabgabe – Beispielrechnung für Familie mit Kind
Kommen wir zum konkreten Preis. Für eine Familie (Zwei Erwachsene, zwei Kinder (über 3 Jahre), ein Hund) kommen in Binz für 14 Tage Urlaub in der Hochsaison 218,40 Euro allein an Kurabgabe zustande. Entscheidet sich diese Familie stattdessen, ein Ferienhaus auf Rügen nur wenige Kilometer von den Seebädern entfernt zu mieten, liegt die Kurtaxe dort bei 0 Euro. Mit einkalkulieren sollte man dabei auch, dass die Angebote für Ferienwohnungen und Ferienhäuser im Hinterland preislich viel attraktiver sind, als in den überlaufenen Ballungszentren.
Große Unterschiede und Orte ohne Kurabgabe
Das sind sie also – die Lichtblicke an der Ostsee. Auch auf der Insel Rügen gibt es zahlreiche Orte, die gar keine Kurabgabe, bzw. Kurtaxe erheben. Diese liegen eben nicht in den touristischen Ballungszentren, sondern im beschaulichen Hinterland. Und dabei muss man noch nicht einmal auf den Wasserblick oder Strände verzichten. So ist zum Beispiel die Insel Ummanz (direkt neben Hiddensee) von der Kurabgabe befreit. Ebenso gilt das für den Süden der Insel, rund um die Stadt Garz.
Orte ohne Kurabgabe sind zum Beispiel: Poseritz, Mellnitz, Samtens, Garz, Zudar oder Altefähr. Eine nahezu vollständige Liste der Kurabgaben für Gemeinden auf der Insel Rügen für das Jahr 2024 finden Sie hier:
| Gemeinde | Nebensaison | Hauptsaison | Hund | Rabatt | Befreiung |
| Alt Reddevitz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Alt-Lanschvitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Altefähr | – | Übernachtungsgebühr i.d.H. von 6% Netto-Zimmerpreis | – | – | – |
| Altenkirchen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Altkamp | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Baabe | 2,55 (1.11.-30.4.) | 3,25 (1.5.-31.10.) | 0,53 | 50% für Jugendliche und Beh. 80% | Kind bis 6 J. |
| Bergen auf Rügen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Beuchow | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Binz | 3,40 | 3,40 (An- und Abreise zählen) | 2,00 | kein | Beh. 100%, Kind bis 3 J. |
| Breege/Juliusruh | 1,50 (1.10.-30.4.) | 1,80 (1.5.-30.9. | 0,80 | 20-40 % | Kind bis 10 J., 100 % Beh. |
| Buschvitz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Dranske | 1,00 (1.11.-30.4.) | 1,50 (1.5.-31.10.) | – | 33-50 % | Kind bis 6 J., |
| Dreschvitz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Freetz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Gager | keine | keine | keine | keine | keine |
| Garz auf Rügen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Gingst | keine | keine | keine | keine | keine |
| Glowe | 1,50 (1.10.-30.4.) | 2,00 (1.5.-30.9.) | 0,50 | 25-33 % | Kind bis 12 J., Beh 100 % |
| Göhren | 2,55 (1.11.-30.4.) | 3,25 (1.5.-31.10. | 0,53 | 50% | Kind bis 6 J. |
| Groß Schoritz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Groß Stresow | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Groß Zicker | keine | keine | keine | keine | keine |
| Güstelitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Gustow | keine | keine | keine | keine | keine |
| Hiddensee | 1,50 (1.11.-31.3.) | 2,00 (1.4.-31.10.) | 0,50 | kein | Kind bis 18 J., Beh. 80% |
| Kasnevitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Klein Zicker | keine | keine | keine | keine | keine |
| Kluis | keine | keine | keine | keine | keine |
| Krimnitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Lancken-Granitz | keine | 1,10 | kein | Beh. 80 % | |
| Lauterbach | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Lietzow | keine | keine | keine | keine | keine |
| Lobbe | keine | keine | keine | keine | keine |
| Lohme | keine | 1,00 | – | kein | Kind bis 12J., Beh. 100 % |
| Lonvitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Mariendorf | keine | keine | keine | keine | keine |
| Middelhagen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Mönchgut | 2,55 (1.11.-30.4.) | 3,25 (1.5.-31.10.) | 0,53 | 50 % | Kind bis 6 J. |
| Muglitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Neuendorf | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Neuenkirchen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Neukamp | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Parchtitz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Patzig | keine | keine | keine | keine | keine |
| Prora | Siehe Binz | Siehe Binz | Siehe Binz | Siehe Binz | Siehe Binz |
| Putbus | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Putgarten | 1,10 (1.10.-30.4.) | 1,50 (1.5.-30.9.) | 0,50 | 33-50 % (z.B. Rentner) | Kind bis 12 J., Beh. 100 % |
| Ralswiek | keine | keine | keine | keine | keine |
| Rambin | keine | keine | keine | keine | keine |
| Rappin | keine | keine | keine | keine | keine |
| Sagard | keine | keine | keine | keine | keine |
| Samtens | keine | keine | keine | keine | keine |
| Sassnitz | 1,00 (1.10.30.4.) | 1,50 (1.5.-30.9.) | Kind bis 17 J., Beh. 80% | ||
| Schaprode | keine | keine | keine | keine | keine |
| Sehlen | keine | keine | keine | keine | keine |
| Sellin | 2,55 (1.11.-30.4.) | 3,25 (1.5.-31.10.) | 0,53 | 50 % (z.B. Beh. Ab 80 %, Kind 7-14 J.) | Kind bis 6 J., |
| Thiessow | keine | keine | keine | keine | keine |
| Trent | keine | keine | keine | keine | keine |
| Ummanz | keine | keine | keine | keine | keine |
| Vilmitz | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Wiek | 1,00 (1.10.-31.05.) | 1,25 (1.6.-30.9.) | 0,50 | 25 % | Kind bis 6 J., Beh. 100 % |
| Wreechen | 1,10 (1.11.-30.4.) | 2,20 (1.5.-31.10.) | 0,50 | kein | Beh. 80%, Kind bis 7 J. |
| Zirkow | keine | keine | keine | keine | keine |
| Zudar | keine | keine | keine | keine | keine |
- Angaben ohne Gewähr
- Nebensaison ist in den Gemeinden in der Regel zu Weihnachten/Silvester ausgesetzt. Dann gelten Hochsaisonpreise.
Fazit:
Kurabgabe oder Kurtaxe – das ist ein emotionales Thema. Die Gemeinden führen die hohen Kosten an, die sie mit dem Tourismus haben. Gegner verweisen dahingegen auf die hohen Mehreinnahmen die jede Gemeinde durch Tourismus ohnehin verbuchen können. Letztlich gilt in Deutschland jedoch: Kurabgabe oder Kurtaxe ist eine Gemeindesteuer. Die Regelungen sind damit verwirrend vielfältig. Urlauber können sparen, wenn sie ein Ferienhaus auf Rügen wählen, wo keine Kurtaxe erhoben wird. Die Einsparungen liegen dann bei mehreren hundert Euro pro Urlaub.
